Mauthausen

Aba Lewit (1923 - 2020)

17.11.2020

Ein ganz großer und wunderbarer Mensch ist von uns gegangen.

Aba Lewit (1923 - 2020)
(Foto: KZ-Gedenkstätte Mauthausen / Stephan Matyus)

Aba Lewit wurde am 7. Mai 1923 in der Nähe von Krakau geboren. Nach der Besetzung Polens durch die Deutsche Wehrmacht erlebte er die Selektion aller männlichen jüdischen Einwohner seiner Stadt. 1940 wurde er zunächst im Zwangsarbeiterlager Krakau–Kostrze interniert. Zwei Jahre später in das KZ Plaszow bei Krakau überstellt. Die Eltern und drei seiner Geschwister konnten nur deshalb überleben, weil es ihm gelang, einen SS-Mann zu bestechen: Als Gegenleistung für alles Hab und Gut der Familie Lewit sorgte dieser dafür, alle Familienangehörigen in dasselbe Zwangsarbeiterlager überstellen zu lassen, in dem sich Aba Lewit bereits befand.

 Im August 1944 wurde Aba Lewit zusammen mit seinem Vater Benjamin und seinem Bruder Abraham in das KZ Mauthausen deportiert. Im Steinbruch musste Aba zunächst Granitblöcke schleppen. Da er sich als Spengler gemeldet hatte, wurde er in das Außenlager Gusen II überstellt. Dort leistete er schwere Zwangsarbeit im Tunnelbau und in der Rüstungsproduktion und war dabei den körperlichen und seelischen Misshandlungen seiner Bewacher ausgesetzt. Bis heute ist sein Hörvermögen von den Schlägen eines Funktionshäftlings beeinträchtigt. Aba erlebte am 5. Mai 1945 seine Befreiung im KZ Gusen. Zwei seiner Geschwister waren jedoch vom NS-Regime im Ghetto Krakau bzw. in Plaszow ermordet worden. Beide Eltern und drei seiner Geschwister haben die Shoah wie er überlebt.

Nach der Befreiung lebte Aba Lewit zunächst in einem DP-Camp in Linz. Er trat als Zeuge im Dachauer Mauthausen-Prozess auf. In Linz lernte er seine spätere Frau kennen, die aus Wien stammte, wo sie sich zu zweit schließlich niederließen. Lange Zeit sprach er kaum über seine Erlebnisse aus der Zeit des Holocaust. Zu Beginn der 2010er Jahre ging er mit seiner Lebensgeschichte dann doch an die Öffentlichkeit, um die nationalsozialistischen Verbrechen zu bezeugen.

Im Sommer 2015 waren in der rechtsextremen österreichischen Zeitschrift „Aula“ Mauthausen-Befreite in einem Artikel als „Massenmörder“, „Kriminelle“ und „Landplage“ bezeichnet wurden. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren der österreichischen Justiz gegen den Autor des Artikels wurde jedoch in Folge eingestellt. Dagegen legte Aba Lewit im Februar 2018 Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Dieser gab der Beschwerde statt und verurteilte die Republik Österreich wegen der Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Aba Lewit war der KZ-Gedenkstätte Mauthausen sehr verbunden, die er regelmäßig besuchte, wenn auch, wie er sagte, im Stillen und abseits der großen Feierlichkeiten. Im September 2015 durften wir ihn beim 7. Dialogforum der KZ-Gedenkstätte Mauthausen als Gastredner begrüßen. Ein mit ihm geführtes lebensgeschichtliches Interview befindet sich in der Sammlung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen in Wien.

Wir werden Aba Lewit vermissen.