Filmretrospektive Mauthausen: 80 Jahre Befreiung! Aus dem Lager befreit – das Trauma bleibt…
20.08.2025, 20:00 - 23.08.2025 20:00 Uhr
Ort: vor dem Besucher*innenzentrum der KZ-Gedenkstätte Mauthausen
Beitrag der Kurator*innen der Filmretrospektive, Elisabeth Streit und Tom Waibel (Österreichisches Filmmuseum)
Mit dem Beginn der Befreiung der Lager durch die alliierten Soldaten offenbarten sich den Rettern unvorstellbare Bilder des Grauens. Die Überlebenden konnten das ihnen angetane Leid nicht vergessen und die Nachkriegsgesellschaft wollte sich so schnell wie möglich von der Vergangenheit lossagen. Die Open-Air-Filmretrospektive 80 Jahre Befreiung! Aus dem Lager befreit – das Trauma bleibt… an der Gedenkstätte Mauthausen widmet sich vom 20. bis 23. August 2025 den traumatischen Erinnerungen von Überlebenden und ihren Bemühungen von den erlebten Grausamkeiten Zeugnis abzulegen.
Vier Filme aus sechs Jahrzehnten beschäftigen sich auf unterschiedliche und eindringliche Weise mit dem übermächtigen Trauma des Erlebten und den Schuldgefühlen, angesichts von Millionen Toten zu den Überlebenden zu zählen. Die vorgestellten Protagonist*innen bleiben von ihren Erfahrungen tief gezeichnet: sei es, dass sie in ihren Erinnerungen immer wieder blitzartig vom Grauen der Lager heimgesucht werden, oder sei es, dass sie sich auf die Reise zu den Orten ihrer Vergangenheit wagen. Denn sie alle wissen, was es bedeutet, trotz der an ihnen verübten Untaten gleichwohl mit Scham behaftet zu sein.
„Die Zukunft erfüllt uns mit Angst, mit Scham die Vergangenheit“, erklärte einst Elie Wiesel, „und beide Ereignisse und Gefühle sind eng miteinander verknüpft wie die Ursache mit der Wirkung.“ Später ergänzte er: „Ich erinnere mich, und wenn ich sagen soll, woran ich mich erinnere, dann zittere ich. Reden wir also lieber von dem, was zu tun ist.“ Diese Aufforderung stellt uns angesichts des Vergangenen vor drängende Fragen: Was hätten wir damals gemacht? Was sollen wir heute tun? Die Überlebenden der Lager haben bleibende Antworten formuliert und ihr gemeinsamer Ausgangspunkt lautet mit Primo Levi gesprochen: „Schweigen ist ein Fehler, fast ein Verbrechen.“
Programm
Mittwoch, 20. August 2025, 20:00 Uhr
A Real Pain
US/PL 2024, Farbe, 90 min, deutsche Fassung
Regie/Drehbuch: Jesse Eisenberg; Kamera: Michał Dymek; Schnitt: Robert Nassau; Musik: Frédéric Chopin
MIT: Jesse Eisenberg, Kieran Culkin, Jennifer Grey, Will Sharpe, Kurt Egyiawan, Olha Bosova.
Nach dem Tod der Großmutter, einer Holocaustüberlebenden, reisen die Cousins David (Jesse Eisenberg) und Benji (Kieran Culkin) nach Polen, um in deren Heimatstadt Lublin auf Spurensuche zu gehen. Sie wollen mehr über die Vergangenheit der Verstorbenen erfahren und schließen sich einer Holocaust-Erinnerungs-Tour an.
Die Reise nach Europa wird für die beiden Cousins zur Suche nach den eigenen Wurzeln und zum Trip in ihre gemeinsame Vergangenheit. Von Melancholie und Witz gleichermaßen getragen, erzählt Jesse Eisenberg von (verdrängten) Traumata, die bis ins Leben von Kindern und Enkelkindern fortwirken.
Donnerstag, 21. August 2025, 20:00 Uhr
Die Fotografin (Lee)
GB/US 2023, 116 min, Farbe, deutsche Fassung
Regie: Ellen Kuras; Drehbuch: Marion Hume, John Collee, Liz Hannah; Kamera: Pawel Edelman; Schnitt: Mikkel E.G. Nielsen; Musik: Alexandre Desplat
MIT: Kate Winslet, Andy Samberg, Marion Cotillard, Alexander Skarsgård, Andrea Riseborough, Josh O‘Connor.
Im April 1945, kurz vor der deutschen Kapitulation, betritt die Journalistin Lee Miller (Kate Winslet) die Münchner Wohnung von Adolf Hitler und lässt sich von ihrem Kollegen David Scherman (Andy Samberg) in Hitlers Badewanne fotografieren. Als Kriegsberichterstatterin für die britische Vogue dokumentiert sie die Invasion der Alliierten und die Befreiung der Konzentrationslager in Buchenwald und Dachau. Der Spielfilm rekonstruiert die Lebensgeschichte der Fotografin und entwirft das Portrait einer mutigen Frau, die – vom Gesehenen gezeichnet –, nicht vergessen kann. Und er reflektiert auch über die Macht der Fotografie und die Politik mit Bildern.
Freitag, 22. August 2025, 20:00 Uhr
Der Pfandleiher (The Pawnbroker)
US 1965, Schwarz-weiß, 116 min, deutsche Fassung
Regie: Sidney Lumet; Drehbuch: Morton S. Fine, David Friedkin nach dem Roman von Edward Lewis Wallant; Kamera: Boris Kaufman; Schnitt: Ralph Rosenblum; Musik: Quincy Jones
MIT: Rod Steiger, Geraldine Fitzgerald, Brock Peters, Thelma Oliver, Jaime Sánchez.
Sol Nazerman (Rod Steiger) muss im KZ die Ermordung seiner Familie mitansehen. 25 Jahre später betreibt er eine Pfandleihe in East Harlem und wohnt bei seiner Schwägerin, die ebenfalls den Holocaust überlebt hat. Er ist durch seine Erfahrungen schwer traumatisiert und begegnet seiner Umwelt voller Bitterkeit, Verachtung und Zynismus. Als Schatten seiner selbst gleicht er einem lebenden Leichnam, der nicht in der Lage ist, ein neues Leben zu beginnen. Erst durch einen versuchten, aber missglückten Ladendiebstahl bricht sein Panzer auf und er verlässt sein Geschäft (wahrscheinlich) für immer.
Samstag, 23. August 2025, 20:00 Uhr - Zur Anmeldung: Filmretro (Sa, 23.08.2025) - Kostenloser Shuttlebus um 14:00 Uhr ab Wien, kostenloser Rundgang an der KZ-Gedenkstätte Mauthausen
Treasure – Familie ist ein fremdes Land
DE/FR 2024, Farbe, 112 min, deutsche Fassung
Regie: Julia von Heinz; Drehbuch: Julia von Heinz, John Quester, Lily Brett; Kamera: Daniela Knapp; Schnitt: Sandie Bompar; Musik: Antoni und Mary Komasa-Łazarkiewicz
MIT: Stephen Fry, Lena Dunham, Zbigniew Zamachowski, Iwona Bielska, Oliver Ewy, Maria Mamona.
Ruth (Lena Dunham) begleitet ihren Vater Edek (Stephen Fry) nach Polen, um nach den Resten des elterlichen Unternehmens zu suchen. Edek, der das KZ Auschwitz als Einziger seiner Familie überlebt hat, nutzt seine Sprachkenntnisse, um mit allen möglichen Menschen ins Gespräch zu kommen. Er tarnt sein tiefes Misstrauen als Lebensfreude und stößt damit bei Ruth zusehends auf Unverständnis. Treasure beschreibt auf tragisch-komische Art das belastete Verhältnis zwischen den Holocaustüberlebenden und den nachfolgenden Generationen. Am Ende entscheidet sich Edek gegen die Mauern, die er errichtet hat, um sich und andere zu schützen.
Danach Publikumsgespräch mit der Psychotherapeutin Dr. Patricia Bohrn von ESRA.